Die Bedeutung des inneren Sprechens bei Kindern

Vom lauten zum inneren Sprechen

Die Bedeutung des inneren Sprechens bei Kindern

Anleitung zum inneren Sprechen

Führen Sie manchmal Selbstgespräche?

Ist es Ihnen vielleicht sogar peinlich, dabei erwischt zu werden? Das ist gar nicht nötig, denn die gute Nachricht ist, Selbstgespräche sind normal und sogar wertvoll.

Selbstgespräche helfen im Alltag

In Selbstgesprächen können wir neue Ideen entwickeln, Probleme durchgehen und Lösungen finden, wir können unser Denken strukturieren und uns selbst anleiten. Zum Beispiel beim Aufbauen der Möbel, sprechen viele laut mit sich selbst und kommen so besser zurecht. Selbstgespräche helfen, sich zu motivieren oder zu beruhigen. Wir können uns selbst Mut machen oder sagen: „Alles wird gut. Ich schaffe das!“
Wer hat sich selbst nicht schon mal gut zugesprochen?

Was ist inneres Sprechen überhaupt?

Inneres Sprechen ist das Vermögen im Kopf etwas still zu sagen, es ist das Vermögen, sprachlich zu denken.

Wie ist das mit den Selbstgesprächen bei Kindern?

Ist es normal, dass Kinder sehr viele Selbstgespräche führen? Das ist eine normale und für die kognitive Entwicklung des Kindes wesentliche Verhaltensweise. Bei einem Kleinkind sind die kindliche Rede und die praktische Aktivität zunächst voneinander getrennt.
Kleine Kinder plappern laut und ahmen nach, was die Erwachsenen sagen. Hier ist der Sprachkontakt zu den Erwachsenen und ihre Kommunikation mit ihnen wesentlich. Erst später lernt das Kind, zu sich selbst zu sprechen, Selbstgespräche zu führen und sich damit anzuleiten.
Ein zweijähriges Kind kann zum Beispiel noch nichts über sich sagen, was es nicht gerade tut. Es kann nicht sagen, dass es läuft, wenn es gerade sitzt.
Zunächst ist der Gedanke also immer an den Gegenstand oder an das aktuelle Handeln gebunden und löst sich dann allmählich ab. Erst im Alter von 4-6 Jahren beginnen die Kinder leiser zu sprechen, zu murmeln/flüstern, um schließlich leise zu denken.

Warum ist das Wissen um die Entstehung der Selbstgespräche so wichtig?

Wenn Kinder die Phase des lauten Sprechens noch nicht abgeschlossen haben, dann sprechen sie viel im Unterricht. Eigentlich sollen sie beim Schreiben und Rechnen leise sein. Sie plappern jedoch vor sich hin, mehr oder weniger laut. Wissen Lehrer und Eltern nicht, dass das zur Entwicklung des Kindes gehört, unterbinden sie dieses laute Sprechen oder Flüstern. Das kann die Entwicklung des Kindes und den Lernprozess beeinträchtigen.

Das Lernen des Schreibens und Lesens folgt der Entwicklung des inneren Sprechens

Beim Schreiben- und Lesenlernen ist es genauso. Erst lesen und schreiben wir laut, wir sprechen mit, was sehr wichtig für den Lernprozess ist. Erst wenn wir geübt sind, sich das Lesen und Schreiben automatisiert, erst danach lesen und schreiben wir leise.
Deshalb ist es wichtig, gerade die Schüler mehr zu unterstützen, die die Entwicklungsphase des lauten Mitsprechens noch nicht beendet haben.
Der Erwerb der Schriftsprache setzt also eine gewisse Entwicklungsstufe des inneren Sprechens voraus. Gleichzeitig wird das innere Sprechen durch die Schriftsprache in ihrer Entwicklung unterstützt und vorangetrieben.

Wo treten vermehrt Probleme auf, wenn das innere Mitsprechen nicht gut funktioniert?

Es gibt Schüler, die es nicht gelernt haben, beim Schreiben mitzusprechen. Sie sollen Wörter mit mehreren Silben aufschreiben – aber in der Mitte fehlt eine Silbe. Klatschen sie die Silben, klatschen sie richtig. Beim Schreiben werden dennoch Silben vergessen. Diese Schüler machen gerne alles laut, sprechen immer laut mit. In der Praxis für Lerntraining dürfen sie das, denn damit wird Lernprozess des inneren Mitsprechens unterstützt.
Kinder, die zum Beispiel Figuren einfach abmalen und sich über das Ergebnis wundern, gehören auch dazu. Sie haben es schwer in Geometrie zum Beispiel.

Wie können Sie diesen Lernprozess unterstützen?

Malen Sie Figuren auf Blätter mit Kästchen. Zuerst diktieren Sie, wie die Kinder vorgehen müssen: Ein Kästchen nach oben, zwei nach links…
Wenn die Kinder das gut können, dürfen sie diktieren und alle zusammen malen jeder sein Bild an die Tafel oder aufs Blatt. Erst wenn den Kindern das Mitsprechen und Mitzählen gut gelingt, dürfen sie die Bilder alleine und leise nachzeichnen. Sie haben es jetzt gelernt und übertragen diese Fähigkeit sogar auf andere Bereiche.

Quellen: IIc.phll. A. Deplazes, Abteilung Klinische Logopädie, Zürich, http://docplayer.org/34449526-Die-bedeutung-des-inneren-sprechens-fuer-den-schriftspracherwerb.html
Laura E.Berk (1.1.1995) Aus Spektrum der Wissenschaft 1/1995, S. 72

Im Jahr 2003 gründete die psychologische Beraterin, diplomierte Legasthenietrainerin und Lerntherapeutin Sabine Omarow ihre Praxis für Lerntraining in Berlin. Seit 2016 lebt und arbeitet sie in Paderborn. Ihre Schüler unterrichtet sie in der Praxis oder online über den Anbieter zoom. Sie hat eigene Lernmaterialien, Lernspiele und das SINN-Lernsystem für ihre Schüler entwickelt. Letzteres ist ein offenes System, das immer wieder mit Neuem bereichert wird.
An den zwei LRS-Kongressen 2018 und 2019 nahmen über 10.000 Teilnehmer aus 11 Ländern teil.
Publikationen: „Schildis Flucht“, „Eine ziemlich eingebildete Ziege“, „Die gestohlenen Jahre“.

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